Im zweiten Jahr in Folge freute sich der Tag des deutschen Rohholzhandels am 24. Mai 2023 großer Beliebtheit bei Händlern sowie Vertretern angrenzender Branchen der Wertschöpfungskette zwecks Wissensaustausch und Netzwerken. Die derzeitige wie künftige Verfügbarkeit von Rohholz dominierte aus aktuellen wie andauernden Anlässen natürlich das Tagungsgeschehen. Bereits im Vorjahr beim Tag des deutschen Rohholzhandels 2022 war Dr. Björn Seintsch als Leiter des Arbeitsbereichs Waldwirtschaft in Deutschland vom Thünen-Institut für Waldwirtschaft auf die Diskrepanz der Ansprüche an den deutschen Wald eingegangen. So stehen teilweise Pläne zur vermeintlichen Verbesserung von Klima- und Artenschutz der für den Waldbesitz und die folgenden Industrien unverzichtbaren Rohholzerzeugung im Weg. BMEL-Holzmarkt-Experte Dirk Alfter hatte einen Überblick über die Forstpolitik der Bundesregierung gegeben und zu möglichst umfassender Beteiligung in Entscheidungsfindungsprozessen geraten. Beide Vorträge waren im Mai 2023 quasi genauso brisant wie zuvor.
Gleich zu Beginn der vom GD Holz in Würzburg veranstalteten Tagung sprach Dietmar Reith als Vorsitzender des Fachbereichs Rohholzhandel die weiterhin widersprüchlichen Botschaften der Politik an. Wie etwa eine Holzbauoffensive angesichts buchstäblicher Förderung von Flächenstilllegung gelingen soll, bleibe schließlich bisher rätselhaft. Die vielen Ansprüche an den deutschen Wald in Bezug auf Klima, Umwelt, Wasser, Erholung und Artenschutz lassen neben dessen Stellenwert für das Einkommen einer ganzen Branche oft auch die Tatsache außer Acht, dass eine Bewirtschaftung viele dieser Funktionen erst ermöglicht und rentabel bleiben muss, um diese aufrecht zu erhalten. Forstunternehmer Reith sprach sich daher für die integrative Forstwirtschaft aus.
Diese Ansicht teilt auch DeSH-Hauptgeschäftsführer Lars Schmidt, der die deutsche Sägeindustrie im Rahmen der Veranstaltung repräsentierte. Einen Überblick über die aktuell verunsichernden politischen Initiativen hatte er ebenfalls im Gepäck. Gesetzliche Rahmenbedingungen, wie beispielsweise das zu novellierende Waldgesetz, das Klimaschutzgesetz, das Gebäudeenergiegesetz und viele andere, bilden seiner Meinung nach schließlich die akutesten Gründe für Sorgenfalten - neben dem Kalamitätsmanagement - denn beide erschweren das Vorhersehen künftiger Verfügbarkeiten immens. Von beiden hängt auch die mittelfristige Herausforderung des forcierten Waldumbaus ab, von dessen Gelingen wiederum der Branchenbeitrag zur langfristig für die Holzindustrie besonders interessanten Kreislaufwirtschaft abhängt. Schmidt betonte, dass es bei all den unterschiedlichen Nutzungsbeschränkungen schlicht nicht möglich sei, genau abzusehen, wie viel Wald künftig wirklich aktiv bewirtschaftet werden wird. Schätzungen gehen von beunruhigenden 57 bis 70 Millionen wegfallenden Festmetern aus, sofern alle derzeit angestrebten Einschränkungen umgesetzt werden. Schmidt betonte auch die Fülle der Faktoren, die in einer Mindernutzung in der Holzindustrie münden, darunter der Rundholzexport und die energetische Nutzung. Nur etwa ein Drittel des sägefähigen Laubrundholzes landet bisher schließlich wirklich im Sägewerk.
Für eine differenzierte und wohlwollende Betrachtung der Bioenergie - auch aus Holz - sprach sich Stephan O. Schuster in seiner Funktion als Sonderprojektleiter bei Cycleenergy aus. Dieser informierte über die mögliche Entwicklung des Energiesektors in der EU sowie Deutschland und machte auf den immensen Investitionsbedarf aufmerksam, der mit der Energiewende einherzugehen hat. Da Biomasse grundlastfähig und regional verfügbar ist, schreibt Schuster dieser Energieform neben der Wasserstofftechnologie das größte Potenzial zu. Doch solange etwa der Ursprung des Stroms, der für den Betrieb von Wärmepumpen gebraucht wird, in der Öffentlichkeit nicht klar benannt wird - Gas - solange wird Energie aus Holz dadurch Nachteile erfahren.
Zur aktuellen Lage im Wald von HessenForst und den Bestrebungen zum Waldumbau in eine klimafitte Version referierte Jörg van der Heide als Abteilungsleiter Forstbetrieb und Dienstleistungen. Er beschrieb die enormen Anstrengungen des Staatsforstes bei der Bestandesbegründung durch Pflanzung von Eichen, Edellaubhölzern, Douglasien und Tannen auf mehr als 5500 ha, da mit Naturverjüngung vielerorts keine stabilen Wälder entstehen können. Zur Rolle des Waldes als Kohlenstoffsenke äußerte er sich kritisch. Schließlich war der im Wald stehende Holzvorrat in Deutschland vor den jüngsten Kalamitäten so hoch wie seit Jahrzehnten nicht, was Hitze und Dürre nicht hatte fernhalten können. Als Forstvertreter plädierte so auch er für eine Bewirtschaftung - auch im Sinne des Klimaschutzes. Da er generell gute Erfahrungen mit möglichst häufigen und regelmäßigen Pflegeeingriffen gemachte habe, stellt für ihn die Mischwaldpflege auch keine aufwändigere Aufgabe dar als die von Nadelwäldern.
Als gemeinsamen Nenner bezeichnete Folgeredner Dr. Christoph Thies das Wissen um die Notwendigkeit der möglichst langfristigen Holznutzung. Im Auditorium wurde es jedoch unruhig, als der ehemalige Greenpeaceler dennoch zu einer wesentlichen Einschlagsreduktion sowie zur Naturverjüngung riet, die energetische Nutzung verteufelte und zur Kaskadennutzung aufrief. Wortmeldungen rieten zu einer differenzierten Betrachtung verschiedener Weltregionen in Bezug auf Einschlagspraxis und Waldmanagement. Später betonte Thies jedoch auch, dass Greenpeace etwa trotz des Austritts aus dem FSC weiterhin zu zertifiziertem Holz rate, sich jedoch eine Kennzeichnung von Tropenholz enthaltenden Produkten wünsche. Verschiedene Teilnehmer versuchten wohl noch bis tief in die Abendstunden, dem ehemaligen NGO-Waldexperten näher zu bringen, wie unzureichend es in dieser Situation wäre, den europäischen Wald einfach mehr in Ruhe zu lassen und wie ausgefeilt die Holzindustrie in Bezug auf Ressourceneffizienz bereits ist.
In der anschließenden Diskussion beleuchtete GD Holz-Geschäftsführer Thomas Goebel als Moderator gemeinsam mit der Rednerschaft sowie der die Runde bereichernden Vera Butterweck-Kruse die verschiedenen Herausforderungen des Handels und der Wertschöpfungskette. Butterweck-Kruse nannte als Geschäftsführerin eines Rundholzlogistik-Anbieters die Kapazitätsstrategie als derzeit schwierigstes Thema. Das aufgrund von Kalamitäten immer stärker schwankende Rundholzaufkommen wolle man natürlich in Hochzeiten mit ausreichend Personal und Maschinerie zügig abtransportieren. Doch dafür bedürfe es vertrauensvoller, langfristiger Partnerschaften. Um genug Kapazitäten vorhalten zu können, darf der Rohholzhandel in guten Zeiten nicht als Mittelsmann übersprungen werden, um zu sparen, nur um dann in schwierigen Zeiten wieder auf dessen Netzwerk zurückgreifen zu wollen. Dieser Meinung schloss sich van der Heide an und betonte, dass dies bei HessenForst bereits gelebte Praxis sei, um den Dienstleistern auskömmliche Rahmenbedingungen zu bieten.
Schmidt fügte hinzu, dass man in diesem Zuge gerade in Zeiten hohen Holzaufkommens den Export von Schnittholz als Ausgleichsmittel nicht verteufeln dürfe. Schließlich wünschen sich doch alle langfristige Perspektiven in ihrem Tun. Die zunehmende Ausfuhr von Laubrundholz - speziell Eiche - und die damit einhergehenden Preissteigerungen, hatte 2022 wiederum Holzwerk Keck-Geschäftsführer Steffen Rathke als schädlich für die heimischen Betriebe beschrieben. Er selbst sehe beispielsweise mittlerweile von der Teilnahme an Submissionen ab, da man längst reines Spekulationsterrain erreicht habe, und fürchtet um den Fortbestand vieler regionaler Säger. Und die beste Holzbauoffensive bringe bei zu hohen Preisen und schlechter Verfügbarkeit nichts in der Praxis. Ob und inwieweit der Außenhandel verschiedener Stationen der Lieferkette künftig notwendig, hilfreich oder beeinträchtigend eingestuft werden wird, wird sich situations- und perspektivenbedingt wohl stetig entwickeln. Die Veranstaltung brachte aber Zuversicht, dass man darüber im respektvollen Austausch bleiben kann.
Gegenüber Thies Ruf nach mehr Totholz im Wald bemängelte die Runde dessen arbeitsschutztechnische Kurzsicht und erklärte die Forderung als Stilllegung durch die Hintertür, da Forstwirtschaft ab einem bestimmten Punkt unrentabel und in Bezug auf die gewünschte Holzqualität nicht mehr darstellbar sei und damit langfristig auch andere Waldfunktionen wie die Erholung verloren gingen. So konkretisierte auch Schuster, dass Mountainbike-Fahren und Kletterwälder nur auf Basis einer guten Waldpflege möglich sind.
Die öffentliche Diskussion sei laut Butterweck-Kruse bereits so ausgeartet, dass sie nicht mehr wisse, wo man die Leute abholen solle. Auf der Webseite ihres Unternehmens zeige sie beispielsweise schon keine Harvester mehr, sondern eher die Mitarbeiter, um in der emotionalen Debatte, aufgrund derer vor einiger Zeit einer ihrer Harvesterfahrer mit einer Waffe vom Fällen abgehalten werden sollte, zumindest etwas entschärfend wirken zu können.
Zum Abschluss der Runde bat Goebel um Botschaften an Brüssel, woraufhin Forderungen nach einer differenzierteren Betrachtung der Waldwirtschaft in unterschiedlichen Ländern, nach mehr Forschung und Unterstützung bei großflächigen Tests sowie Warnungen vor der Überforderung des Mittelstands - etwa mit der EUDR - den offiziellen Teil der Veranstaltung abschlossen.