Europäische Pelletskonferenz 2022 zeigte Potenzial und Hausaufgaben

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Fordaq
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Den mehr als 650 Teilnehmern aus 60 Ländern zeigte die Europäische Pelletskonferenz 2022 am 6. April im oberösterreichischen Wels sowie online die derzeitige Entwicklung auf den Märkten, in der Technologie und Politik auf. Referenten und Publikum diskutierten Wege zur optimalen Positionierung in Zeiten der Energiewende sowie technische Möglichkeiten in der Produktion aber auch Finanzierungskniffe.

Nach der Begrüßung durch Dr. Andreas Rabl, Bürgermeister der Stadt Wels, und Dr. Gerhard Dell, OÖ Energiesparverband brachte Dr. Johannes Baur den on- und offline Anwesenden die im "Fit for 55"-Paket formulierten, ambitionierten Ziele der Europäischen Kommission näher. So befindet sich unter anderem in der erneuten Überarbeitung der Erneuerbaren Energie Richtlinie (RED III) derzeit in der Ausarbeitungsphase und wird wohl EU-weit einen Anteil Erneuerbarer Energien am Gesamtverbrauch von mindestens 40% bis 2030 – statt den bisherigen 32% - vorsehen. Die Rolle der Erneuerbaren wird damit weiter zunehmen und Bioenergie hält mit 60% bereits den Hauptanteil in diesem Bereich. Holz als Energiequelle macht davon wiederum 70% aus. Zwar liegen die Vorteile der regionalen und wetterunabhängigen sowie zuverlässigen Erzeugbarkeit auf der Hand, doch es gelte Kritikern zuvorzukommen. Biomasse und insbesondere Holz habe nur dann eine Chance, wenn Pellets & Co. von der Bevölkerung akzeptiert würden. Dazu sei es essenziell, deren Vorteile hervorzuheben aber auch vermeintliche Nachteile zu entkräften – etwa durch sehr hohe Standards in Sachen Nachhaltigkeits- und Emissionsnachweisen.

Europas Pelletmärkte bergen derzeit viel Potenzial

Neuigkeiten von den europäischen Pelletmärkten hatte Irene di Padua von Bioenergy Europe im Gepäck. Während in Europa der hauptsächliche Verbrauch von Biomasse zur Energieerzeugung in privaten Haushalten erfolgt, entfallen auf die Industrie derzeit lediglich 25%, informierte sie. Dafür ist der Anteil der Bioenergie innerhalb der Erneuerbaren Energien bei privaten Haushalten mit 84% geringer als in Industrie (99%). Hinzu kommt das enorme Wachstumspotenzial im Industriebereich. Ersatzinstallationen für alte Heizungssysteme bergen allerdings in fast ganz Europa, besonders jedoch in Polen, Deutschland, Österreich, den Niederlanden und Griechenland ebenfalls großes Potenzial.

Die weltweite Pelletproduktion dürfte bis 2023 die 40 Mio. t-Marke überschreiten. Dazu tragen in jüngster Zeit primär die EU sowie Südamerika und Asien bei. Europas Produktion belief sich 2020 auf 23 Mio. t, davon 18 Mio. t in der EU. Die größten Produzenten waren Deutschland (+9,9% auf 3,1 Mio. t), Russland (+7,3% auf 2,2 Mio. t), Lettland (+12% auf 1,8 Mio. t), Frankreich (+6,3% auf 1,7 Mio. t) und Österreich (+6,9% auf 1,5 Mio. t)

Europas Pelletverbrauch betrug 2020 wiederum 30,1 Mio. t, davon 19,3 Mio. t in der EU. Der EU-Verbrauch von Pellets setzte sich aus 61% Industrienutzung, 31% Nutzung von privaten Haushalten sowie 8% kommerzieller Nutzung zusammen. Hauptverbrauchsmärkte waren Großbritannien (+3,3% auf 9,4 Mio. t), Italien (+0,1% auf 3,4 Mio: t), Dänemark (+2,9% auf 2,9 Mio. t), Deutschland (+1,3% auf 2,3 Mio. t) und die Niederlande (+113,6% auf 2,2 Mio. t). Während sich der Hauptverbrauch Großbritanniens und der Niederland im Industriesektor abspielt, sind es in Italien die privaten Haushalte, die den Löwenanteil verbrauchen. In Dänemark bestimmen Bezirksheizwerke den Verbrauch maßgeblich.

Europas Industrie verbrauchte 2020 14,3 Mio. t Pellets, die der EU 5,5 Mio. t. Hauptverbraucher waren Großbritanniens Industrie (+3,6% auf 8,7 Mio. t), die der Niederlande (+150% auf 2 Mio. t), Dänemarks (-1,8% auf 2 Mio. t), Belgiens (-8% auf 0,9 Mio. t) und Schwedens (-31% auf 0,4 Mio. t).

Von Land zu Land unterschied sich 2021 auch die Art der Neuanschaffung zwecks heizen mit Pellets. So dominierte 2021 in Frankreich, Spanien und Belgien der Ofen, der enorm an Beliebtheit gewann. In Deutschland, Frankreich und Österreich schlugen die Verkäufe von Boilern mit teils verdoppelten Zahlen zu Buche.

Padua riet: „Europa importiert zwar vergleichsweise wenig Biomasse (4,9 Mio. t, also 1% des Nettoenergieimports), sollte sich aber dennoch mehr auf lokale Quellen fokussieren sowie die fraglos notwendigen Importquellen möglichst diversifizieren, da man beispielsweise nicht vorhersehen kann, wie es mittel- bis langfristig etwa mit russischen Lieferungen weitergehen wird, woher – neben Kanada, USA und Brasilien – eine nicht unerhebliche Menge an Pellets stammt.“

Nachfrage ist kein unsicherer Faktor mehr – politische Rahmenbedingungen schon

In der anschließenden Expertenrunde betonte Thomas Meth von Enviva, dass die Nachfragesituation keinen Unsicherheitsfaktor mehr darstelle. Schließlich steige der Drang der weltweiten Industrie, auf Erneuerbare umzusteigen. Entsprechend plane sein Unternehmen, die Produktion auf mehr als 8 Mio. t/J auszuweiten. Derzeit bestehe das Exportgeschäft von Enviva jeweils zur Hälfte aus Verträgen mit Asien und Europa. Die Mehrkapazitäten dürften jedoch größtenteils nach Europa gehen. Es gelte, alles, was nachhaltig mobilisierbar sei, auch zu nutzen. Und auch Meth betonte, wie wichtig die Kommunikation sei – etwa, dass lediglich Restholz in Pellets lande, allerdings der Bau von Solarfarmen in manchen Teilen der Erde zunehmend für Entwaldung sorge.

Stefan Ortner von ÖkoFEN fügte die Bedeutung des Emissionsmanagements hinzu, in dem es weiterhin Innovationen brauche, um die Akzeptanz in der Bevölkerung zu erhöhen. Priorität müsse es außerdem sein, ein guter Partner für die Installateure zu sein – also unkomplizierte Systeme und verlässliche Zusammenarbeit zu bieten.

Michael Hjorth Christensen von CM Biomass vertrat die Meinung, dass es nach wie vor massive Investitionen in Produktionskapazitäten brauche und diese – auch zur Kommunikation von Versorgungssicherheit gegenüber der Bevölkerung – sichtbarer werden müssen.

Auch Christiane Egger vom OÖ Energiesparverband mahnte zu Tempo und Kapazitätsaufbau angesichts der hohen Anzahl an zu ersetzender Altheizungsanlagen in den kommenden Jahren.

Francisco Puente Salve von Escan Energy Consulting legte ein Augenmerk auf die Versorgungssicherheit beim Rohstoff, was wohl mit den steigenden Produktionsvolumina in Europas Holzindustrie als Ausgleich für fehlende Russlandimporte kurz- bis mittelfristig einher gehen dürfte. Doch beides braucht möglichst stabile politische Rahmenbedingungen. Für letztere gelte es jedoch auch, selbst das Gespräch zu suchen und Transparenz sowie Sicherheit auszustrahlen und auch auf kritische Fragen mit Antworten und hohen, nachweisbaren Standards reagieren zu können. Und auch in Sachen Fachkräftemangel helfe nur die Kommunikation, um das Image des Sektors aktiv mitzugestalten – Potenzial besteht. Egger plädierte abschließend für ein gemeinsames Wachstum der gesamten Branche und geschlossenes Auftreten.

Positive Beispiele für politische Impulse gebe es bereits im dynamisch wachsenden japanischen Markt. Pelletimporte aus den USA seien dort für mehrere Jahre dank einer Energieoffensive garantiert, was die Investitionsbereitschaft stärkt. Im US-Markt selbst konnte der Biomass Thermal Energy Council (BTEC) nach jahrelanger Arbeit nun erhöhte Steuer-Gutschriften für Pelletkessel erwirken – wenn auch noch nicht für die Industrie, dann doch immerhin schon einmal für den privaten Bereich, wie Emanuel Wagner berichtete. Afonso Bertucci von Braspell Bioenergia berichtete darüber hinaus von einem Projekt, das die Nutzung von Pellets in der Zementindustrie untersucht und stellte zusätzliche Produktionskapazitäten – potenziell auch für den Export – ab 2024 in Aussicht.

In Deutschland sieht Martin Bentele vom Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) derweil die diesjährige Versorgungssicherheit angesichts der rasanten Nachfragezunahme in Frage gestellt. Importe dürften künftig generell zunehmen. Bentele betonte außerdem, dass die Argumentation des Preisvorteils gegenüber anderen Energieträgern den Pellets zwar bisher zugute gekommen sei. Grundsätzlich müsse der Pelletpreis jedoch möglichst hoch angesiedelt werden, damit sich Mehrkapazitäten für Hersteller lohnen. Um den Bedarf – insbesondere aus der Industrie – weiterhin decken zu können, betrachtet er auch eine Erweiterung der Produktion und des Imports von minderwertigeren Qualitäten als sinnvoll.

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